Petition: Hände weg vom Kirchenasyl – Schutz für geflüchtete Menschen bewahren!
Die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V. hat auf „WeAct“, der Petitionsplattform von „Campact“ eine Petition zum Schutz des Kirchenasyls gestartet.
Das Lippstädter Netzwerk für Frieden und Solidarität bittet Sie, sich den Forderungen anzuschließen und die Petition zu unterzeichnen.
Kirchenasyl – das ist eine Jahrtausende alte Entwicklungsgeschichte im Verhältnis Staat und Religion; eine Institution, die von staatlicher Seite geachtet werden sollte, wenn man es mit der christlich-abendländischen Kultur ernst meint. Im Kreis Soest haben in jüngerer Vergangenheit Kirchenasyle in der Ev. Kirchengemeinde Lippstadt-Benninghausen, in der Ev. Kirchengemeinde in Geseke und in der Nordsternkirche in Lippstadt stattgefunden. Alle Beteiligten gehen dabei sorgfältig und mit großem Verantwortungsgefühl und keineswegs leichtfertig in diese schwierige Aufgabe.
Geschichte des Kirchenasyls
Die Ursprünge des heutigen Kirchenasyls gehen bis in die griechische Antike zurück, wo der Dichter Aischylos um etwa 460 v.Chr. mit seinem Werk „Die Schutzfliehenden“ das Thema offenbar zum ersten mal verschriftlichte.
Die Hiketiden flohen zu Tempeln, Götterbildern, Altären oder Feuerstellen, um sicher zu sein. Die Vorstellung, dass die Hikesie heilig sei prägte dabei den Entscheidungsprozess der streitenden Parteien. Der Schutz war nicht dauerhaft angelegt – die streitenden Parteien mussten sich einigen.
Das „Heiligtumasyl“ hat Eingang in nahezu alle Kulturen gefunden und kann somit ohne Übertreibung als ein universeller humanitärer Schutzakt bezeichnet werden. So zeugen mehrere Stellen im Alten Testament von der Existenz eines „Heiligtumasyls“: Ri 9,42-49; 1 Sam 19,18-24; 1 Kön 2,28-35. Nach 5 Mos 4,41-43 und Jos 20 sind Asylstädte, sogenannte Freistädte auf israelischem Territorium als gesichert anzusehen.
In neutestamentlicher Zeit wurde im Imperium Romanum das „Heiligtumasyl“ nach und nach institutionalisiert. Die christlichen Tugenden der Barmherzigkeit und Nächstenliebe – Mt 25,35ff; Röm 12,13; Hebr 13,2; 1 Petr 4,9 – verpflichtete die Christen, für den Rechtsschutz der bei ihnen Schutz Suchenden Sorge zu tragen, was 343 n. Chr. zu einer Art Haftungsübernahme durch das Konzil von Serdika ausgebaut wurde.
399 n. Chr. entsandte das Konzil von Karthago eine Delegation zu Kaiser Flavius Honorius mit dem Ziel, ein gesetzliches Verbot der Verletzung des Kirchenasyls zu erreichen. Ab 407 n. Chr. war damit das Kirchenasyl gesetzlich verankert.
Im Heiligen Römischen Reich wurde am 07.08.1495 das Gewaltmonopol des Staates errichtet, wobei die Kirche an ihrem Recht, Asyl zu gewähren, festhielt. In der Aufklärung wurde das kirchliche Asylrecht dann vor allem als Behinderung der staatlichen Rechtspflege wahrgenommen und bis zum 19. Jahrhundert in allen europäischen Staaten formell aufgehoben.
Mit dem Anwachsen der Asylbewerberzahlen in der Bundesrepublik in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nahm die Akzeptanz von Flüchtlingen als „Wirtschaftsflüchtlinge“ und „Scheinasylanten“ tituliert ab und folgerichtig entstand im Raum der Kirchen eine aktive Kirchenasylbewegung.
Im Februar 1994 wurde dann die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG) als Ergebnis langjähriger Vernetzungsbemühungen einzelner Kirchenasylgruppen und -Initiativen gegründet. (1)
Das Kirchenasyl wurde in den Folgejahren ohne eine gesetzliche Grundlage geduldet. Zu einer Zuspitzung kam es 2015, als der damalige Innenminister de Maizière zwar als Christ Verständnis für das Kirchenasyl als Akt des Erbarmens äußerte, aber meinte, es nicht tolerieren zu können, dass man sich eigenmächtig über Gesetze hinwegsetze.
Das rief die christlichen Kirchen auf den Plan, die argumentierten, dass es sich bei den Kirchenasylfällen um Einzelfälle handele, um Härtefälle. Das 90% der Kirchenasyl-Flüchtlinge einen legalen Status bekämen, unterstreiche den Ansatz.
Im Februar 2015 trafen sich der damalige Präsident des BAMF mit Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche, um Absprachen zu treffen, die die anhaltenden Konfrontationen beenden sollten. Daraus entstand die BAMF-Kirchen-Vereinbarung. (2)
Nun steht das Kirchenasyl seit Monaten erneut unter Druck. Behörden missachten den kirchlichen Schutzraum – es kam zu Abschiebungen und Abschiebeversuchen, Kirchengemeinden berichten von Drohungen der Ausländerbehörden, Kirchenasyl zwangsweise zu beenden. (3)
Die Sorge: Der Staat respektiere die gesellschaftliche Übereinkunft nicht mehr – wegen steigenden Abschiebedrucks aus der Politik, insbesondere der in Teilen rechtsextremistischen AfD und ihren Remigrations-Forderungen, was sich offenbar gerade jetzt, in der Zeit des Wahlkampfs negativ auf die Vereinbarung zwischen Staat und Kirchen auszuwirken scheint, zumal die AfD bereits 2020 einen Antrag zur sofortigen Beendigung der Vereinbarung gestellt hatte. (4,5)
Und in der Tat mehren sich die Berichte über versuchte und tatsächlich durchgeführte Vereinbarungsbrüche. (6-8)
Und nach den schrecklichen Morden der letzten Monate, begangen von Menschen mit Migrationshintergrund, lassen die Worte von Kanzlerkandidat Friedrich Merz für die Barmherzigkeit für einzelne Schutzsuchende nichts Gutes für die Zukunft erahnen (9)
(1) zitiert nach Wikipedia: „Kirchenasyl“
(2) Kirchenasyl unter der BAMF-Kirchenvereinbarung. Zur Verrechtlichung des Kirchenasyls in Folge der Flüchtlingskrise; Simon Bohm; Göttinger Schriften zum Öffentlichen Recht
(3) Offener Brief zur Innenministerkonferenz 2024; Ök. Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.
(4) Mit aller Härte und BAMFherzlichkeit, Correctiv
(5) Antrag AfD-Fraktion auf sofortige Beendigung der Kirchenasylvereinbarung zwischen BAMF und den christl. Kirchen: Drucksache 19/22546 vom 16.09.2020
(6) buten un binnen: Mäurer zu Abschiebung aus Bremer Kirchenasyl: „keine Alternative“. Sebastian Manz, 04.12.2024
(7) SZ, Hansestadt Bremen: Einigung im Kirchenasylstreit, 20.12.2024
(8) Ev. luth. Kirchenkreis Uelzen; Polizei räumt Kirchenasyl; russische Familie abgeschoben, 14.05.2024
(9) Focus online: Abschieben trotz Kirchenasyl? Neuer Streit zwischen Staat und Christen entbrennt. Anna Schmid, 22.09.2024
Weiterführende Informationen zum Thema:
- „Wenn ein Fremdling bei Euch wohnt“; Kirchenasyl im Raum der Ev. Landeskirchen, Hrsg.: Ev. Kirche von Westfalen, Lippische Landeskirche, Ev. Kirche im Rheinland, Diakonie Rheinland, Westfalen, Lippe
- Beim Kirchenasyl geht es um den Schutz des Einzelnen. Ein Gespräch. Wolf-Dieter Just, 01.02.2019, in bPb Bundeszentrale für politische Bildung online
- Handreichung Kirchenasyl. Erbistum Köln
- Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW: Kirchenasyl – Letzte Rettung für die Menschenwürde (mit weiteren Querverweisen und Verlinkungen)
- Handreichung zu aktuellen Fragen des Kirchenasyls. Deutsche Bischofskonferenz, 31.08.2015