Fließende Übergänge zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus
In der Forschung ist es umstritten, ob es sich bei dem Begriff des Rechtspopulismus um eine eigenständige Ideologie handelt oder lediglich um einen Politikstil. Umgangssprachlich nennt man einen Politiker „populistisch“, wenn er Menschen opportunistisch nach dem Mund redet und einfache Lösungen für komplexe Zusammenhänge präsentiert. So gesehen ist nicht nur die AfD populistisch, sondern auch andere Parteien treten teilweise populistisch auf, insbesondere in Wahlkampfzeiten.
Laut Duden ist Populismus eine „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen“. Abgeleitet ist der Begriff vom lateinischen Wort „populus“ = Volk. Per se ist Populismus also nicht negativ konnotiert. Daher nennt sich die AfD selbst sogar gerne eine populistische Partei im Sinne von angeblicher Volksnähe.
Daher teilt das Lippstädter Netzwerk für Frieden und Solidarität die Auffassung von Wilhelm Heitmeyer, Soziologe und Professor für Sozialisation am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld, dass der Begriff „Rechtspopulismus“ verharmlosend sei.
Nach Definition der Bundeszentrale für politische Bildung beschreibt Rechtsradikalismus „eine zum Extremen neigende politisch-ideologische Einstellung, weit rechts der Mitte des politischen Spektrums. Oft verfolgen radikale Rechte nationalistische und anti-liberale Ziele, um echte oder angebliche Probleme zu beseitigen und gesellschaftliche Verhältnisse grundlegend zu ändern“. Nach dem Bundesamt für Verfassungsschutz „stellen Rechtsradikale die Grundwerte unserer freiheitlichen Demokratie nicht generell in Frage – im Gegensatz zu Rechtsextremen, die klar verfassungsfeindlich sind“.
Somit steht die AfD zumindest im rechtsradikalen Spektrum und ist – zumindest in Teilen (der Flügel, die Jugendorganisation) – rechtsextremistisch, bzw. als Ganzes ein rechtsextremistischer Verdachtsfall für den Verfassungsschutz.
Warum ist eine Unterscheidung Rechtspopulismus – Rechtsextremismus so wichtig?
weil mit Populisten demokratischer Ausprägung, die sich ohne Einschränkung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, Dialog, Verhandlung und ggfls. auch Koalition möglich sein muss – mit Populisten extremistischer Ausprägung verbietet sich das. Lehrer und Polizisten sind zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet – gegenüber extremistischen Handlungen und Auffassungen haben sie jedoch eindeutig Stellung zu beziehen.
Bewertungskriterien für Rechtsextremismus
Um zu bewerten, ob eine Partei eher nur dem populistischen Sektor oder dem Extremismus zugeordnet werden kann, bietet das Bundesamt für politische Bildung eine dreistufige Prüfung an:
Erstens: befürwortet die Partei rechtsextreme Kernelemente wie a) Autoritarismus bzw. eine rechtsautoritäre Diktatur; b) Ethnozentrismus und Antipluralismus; c) Fremdenfeindlichkeit und Rassismus; d) Antisemitismus und Sozialdarwinismus sowie e) Revisionismus.
Zweitens stellt sich dann die Frage, welchen Stellenwert diese extremistischen Positionen innerhalb der Partei haben. Dabei ist entscheidend, ob es sich um eine geächtete Außenseiterposition handelt oder eine Ansicht der Parteispitze, eine geduldete Minderheitenposition oder um die Mehrheitsmeinung.
Drittens muss geklärt werden, wie die Partei mit anderen antidemokratischen Strömungen umgeht. Ist sie willens und in der Lage, sich von offen rechtsextremen Kräften wie der NPD, den „Szenen“ (Pegida, Querdenker, Reichsbürger, Identitäre) und politisch motivierten Gewalttätern abzugrenzen?
Auch nach dieser Methode stuft das Lippstädter Netzwerk für Frieden und Solidarität die AfD als rechtsradikal bis rechtsextremistisch ein, denn der Extremismus ist innerhalb der AfD längst „Mainstream“ geworden. Dies macht der Beitrag: „Die AfD – keine verfassungskonforme demokratische Alternative“ deutlich.