Abschiebung in Geseke

Hat der Mitarbeiter der Kreisausländerbehörde geltendes Recht gebeugt?

Wir sind wie die Mitschüler*innen in ihrer Klasse sehr traurig über die mitleidlose Kälte des Mitarbeiters der Kreisausländerbehörde, der ausgerechnet jetzt die 17jährige Amina  – wenige Wochen vor ihrem Schulabschluss – , die zwei jüngeren Geschwister und ihre Mutter aus Geseke in die russische Teilrepublik Tschetschenien abgeschoben hat. Gleichzeitig sind wir erschrocken über die Rechtsbeugung des Sachbearbeiters, die dieser in der Soester Behörde begangen hat, weil er den Ministeriellen Erlass von Integrationsminister und gleichzeitig stellvertretendem Ministerpräsidenten von NRW, Joachim Stamp (bewusst?) missachtete, in dem der Minister am 28. Mai letzten Jahres alle Ausländerbehörden im Land aufgefordert hat, wegen des eklatanten akuten Fachkräftemangels in zahlreichen Branchen und Berufen Ausbildungs- und Beschäftigungsduldungen auszustellen und nicht abzuschieben. „Es gilt, die in den Regelungen vorhandenen Spielräume und das Potential der Menschen für den Arbeitsmarkt zu nutzen“, heißt es in dem Erlass. Der Mitarbeiter der Behörde kennt den Erlass aus Düsseldorf und beachtet ihn nicht. Was für ein Rechtsverständnis liegt bei ihm vor? Deshalb halten wir nicht nur die Klage des Rechtsanwaltes für gerechtfertigt, sondern sie sogar für dringend geboten, um zukünftiges eigenmächtiges Vorgehen von Verwaltung in einer rechtsstaatlichen Demokratie wirkungsvoller zu verhindern als bisher.

Darüber hinaus ist es für eine weltoffene und humane Gesellschaft schwer erträglich erleben zu müssen, dass  die Abschiebung der Familie in den Tagen höchster Anspannung und Angst  vor Putins Krieg gegen die souveräne Ukraine stattfindet. Der Beamte ist insofern ein „Schreibtischtäter“, weil er wissen musste, dass die russische Teilrepublik Tschetschenien, aus der die Familie stammt, seit Jahren unerträglich leidet unter der Gewaltherrschaft ihres Präsidenten Ramsan Kadyrow, eines besonders engen Vertrauten des Kreml-Chefs, dessen Herrschaft in Grosny geprägt ist von schweren Menschenrechtsverletzungen, von Korruption und einem ausufernden Personenkult. Am Wochenende hat W. Putin ihn aufgefordert, mit seinen berüchtigten tschetschenischen Brigaden, die seit 2007 die Zivilbevölkerung terrorisieren, in die Ukraine einzumarschieren und dort zu morden. Wie bewertet der für die Abschiebung der Kinder und ihrer Mutter verantwortliche Beamte heute vor diesem Hintergrund seine Entscheidung? Wir fragen uns auch, ob und inwieweit seine Vorgesetzten, der Dezernent für Ordnung, und die Landrätin, Frau Irrgang, in die Abschiebung involviert waren. Gerade in diesen schrecklichen Tagen sind wir doch alle aufgefordert, die Werte unserer demokratischen Grundordnung, wozu auch die Humanität zählt, zu achten. Das gilt für uns selbst, aber nicht zuletzt auch für die Arbeit einer Behörde. Dabei sind wir davon überzeugt, dass dort auch zahlreiche Menschen arbeiten, die den Schutz von Geflüchteten und ihre Integration in unsere Gesellschaft sehr ernst nehmen. Wir sind Herrn Funke, einem der Lehrer von Amina, außerordentlich dankbar, die Öffentlichkeit über diese fatale Entscheidung aus Soest informiert zu haben.

Rita und Heinz Gockel-Gesterkamp, Borlinghauser Straße 7, 59557 Lippstadt, Tel. 02941/13492