Kurz vor Abschluss abgeschoben

Kurz vor Abschluss abgeschoben

Leserbrief: Der Patriot, 26.02., Geseke

Sicherlich hat die Ausländerbehörde des Kreises Soest nach geltendem Recht und Gesetz gehandelt. So wird sie argumentieren. Hat gerade in dieser Zeit, wo ein Krieg unmittelbar vor unserer Haustüre geschieht mit Auswirkungen gegen die Bevölkerung auch in die Staaten der Russischen Föderation hinein, also auch in Tschetschenien, nicht wenigsten kurz die Hand ein wenig gezittert, die die Abschiebung unterschrieben hat? Haben die daran beteiligten Menschen nur ihren kalt-bürokratischen Vorschriften folgend wenigstens beim Herunterladen der Formulare ein wenig inne gehalten? Folgen Menschen einer Ausländerbehörde strikt den gesetzlichen Vorgaben, die sicherlich mit gutem Willen einen Gestaltungsspielraum hätten eröffnen können? Kann das nüchterne, gemütskalte und kaltherzige Kalkül, das immer auch auf die Kosten, die „uns“, dem Steuerzahler, entstehen oder entstehen könnten, tatsächlich gerade in der derzeitig politischen Lage ein moralisch-ethischer Kompass sein?

Eine offensichtlich integrierte junge Frau, die hier in Deutschland, in Geseke, eine Zukunft für sich und ihre Familie hätte aufbauen können, die Unterstützung und tatkräftige Hilfe durch Menschen vor Ort, durch Lehrerinnen und Lehrer, durch einen Zahnarzt, durch Freundinnen und Freunde, nicht zuletzt durch ihren eigenen Fleiß, ist in eine Region transportiert worden, die nicht gerade zu den Sichersten der Welt gehört. Nicht nur amnesty international auch das Auswärtige Amt warnt vor gewaltsamem  Vorgehen der so genannten Sicherheitsbehörden in Tschetschenien gegen die eigene Bevölkerung.  Wir scheinen noch sehr weit entfernt von einer menschlichen, empathischen Welt zu sein. Na ja, hier bei uns ein paar Geflüchtete weniger macht sich ja auch in der Statistik gut. Soll man eine solche behördliche Vorgehensweise kaltherzig und gefühlskalt bezeichnen?

Die Ausländerbehörde mag nach geltendem Recht und Gesetz gehandelt haben. Sprachgeschichtlich hängen „Recht“ und „richtig“ zusammen. Tiefste Abgründe tun sich dennoch auf, ob das Handeln nach dem Recht auch richtiges (ethisch-moralisches) Verhalten und Handeln sein kann.  Wir wünschen dem Anwalt der abgeschobenen Familie und damit auch der abgeschobenen Familie viel Glück und Erfolg!

Brigitte und Immo Zetzmann, Hermann-Josef Skutnik