Abdruck des am 26.01.2014 erschienenen Artikels mit freundlicher Genehmigung von „Lippstadt am Sonntag“.
Netzwerk regt Unterbringung nach Leverkusener Modell an
Lippstadt (-ger). Das Lippstädter Netzwerk für Frieden und Solidarität strebt für die Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt ein neues Modell an. Vorbild könnte die in Leverkusen praktizierte dezentrale Versorgung in kleineren Wohneinheiten sein, erläutern die Sprecher des Netzwerkes, Bea Geisen und Michael Tack, im Vorfeld einer Informationsveranstaltung. Am Donnerstag, 13. Februar, um 19 Uhr wird Rita Schilling vom Flüchtlingsrat Leverkusen im Lippstädter Rathaussaal über das seit 10 Jahren in der rheinischen Stadt praktizierte Verfahren sprechen. Das Leverkusener Modell gilt als wegweisend, weil es nicht nur mit der Hoffnung auf wesentliche Einsparungen im Haushalt verknüpft ist, sondern vor allem als menschenwürdigeres Unterbringungskonzept gewürdigt wird. Auch das soziale Zusammenleben der Flüchtlinge mit den heimischen Bürgern könne von diesem Lösungsansatz profitieren, glauben Geisen und Tack.
Das Netzwerk stellt sich zukünftig eine zentrale Anlaufstelle für die Flüchtlinge vor, in denen die aufgenommenen Menschen aber längstens für sechs Monate untergebracht werden. Danach sollen die Flüchtlinge möglichst dezentral unterkommen, einzeln, aber auch in Wohngemeinschaften. Geisen und Tack sehen in diesem Ansatz die Chance, womöglich auf einen teuren Neubau zu verzichten.
In der Informationsveranstaltung mit der Vertreterin des Leverkusener Flüchtlingsrates sollen genaue Zahlen über eingesparte Mittel der Kommune genannt werden. Lippstadt hat bereits ein deutliches Zeichen gesetzt. Nachdem der Jugendhilfeausschuss im Mai vergangenen Jahres die maroden Übergangsheime besichtigt hat, war und ist für Verwaltung und Politik klar, dass die teilweise unzumutbaren Zustände in den Einrichtungen in der Stirper- und Hospitalstraße beseitigt werden.Die heruntergekommenen Objekte sollen abgerissen und durch neue Häuser ersetzt werden. Die Stadt ist inzwischen Eigentümerin des Geländes an der Stirper Straße und hat auch hier freie Hand und Gewissheit für die Planung. Der als Provisorium gedachte Pavillon in Nachbarschaft der Bahnstrecke wird seit 1990 genutzt. Die Stadt, erklärt der für Flüchtlingsangelegenheiten zuständige Fachbereichsleiter, Joachim Elliger, auf Nachfrage dieses Blattes, werde beide Neubauten als zentrale Aufnahmestandorte konzipieren. In der mittelfristigen Finanzplanung sind für neue Übergangswohnheime 3,4 Mio. Euro vorgesehen, davon 600.000 Euro als Anlaufrate für die Planung in diesem Jahr. Vor 2015 sei mit einer Fertigstellung des ersten neuen Gebäudes aber nicht zu rechnen, dämpft Elliger die Erwartungen an eine schnelle Lösung.
Unterdessen läuft die Kommune auf ein Problem zu, das sie so gar nicht auf dem Radar hatte: Wohnungsknappheit. So leben in den Übergangswohnheim an der Stirper Straße nicht nur 24 Asylbewerber (kleine Flüchtlingsfamilien und einzelne Frauen), sondern auch sechs Deutsche: Obdachlose, die keine durchreisenden Wanderer sind. Sie bekommen nach Informationen des Fachbereichsleiters die angespannte Wohnungssituation auf dem Markt und die Folgen ihrer eigenen prekären Lebenslage besonders zu spüren. Inzwischen bestehe für die Unterbringung ganzer Familien Bedarf. Und auch die Flüchtlingsraten zeigten, wenn auch moderat, nach oben. „Das bringt zusätzliche Probleme“, fasst Elliger das Lagebild zusammen. Die Überlegung, den Wohnungsmarkt für die Unterbringung von Flüchtlingen anzuzapfen, stellt sich aus der Sicht der Stadt damit nicht, weil Angebot und Nachfrage die Wohnraumvergabe entsprechend regelten. Die Kommune stößt bei der Unterbringung bereits selbst an Grenzen.
Denn die eigenen Kapazitäten für Flüchtlinge werden zunehmend knapp. In der Einrichtung in der Richthofenstraße (Maximalplätze: 44) gibt es lediglich Raum für vier weitere Flüchtlinge und in der Geiststraße (65) für sechs; mit 37 Personen habe die Unterkunft in der Hospitalstraße bereits eine kritische Größe erreicht, stellt Elliger fest. Möglicherweise müsse die Stadt übergangsweise Pavillons beschaffen, um alle Flüchtlinge aufnehmen zu können, kündigte er eben nicht das Ende der Provisorien an. Nach dem letzten Stand leben in den verschiedenen Übergangs- und Wohnheimen der Stadt 160 Flüchtlinge.
Forts. auf S.21 – „Mit der Stadt ins Gespräch kommen“.