Anwohner der Hospitalstraße sind vor dem Überganghswohnheim für Flüchtlinge abgebildet

Von der Stadt verschaukelt? | Presseartikel „Der Patriot“

Abdruck des am 13.02.2014 erschienenen Artikels mit freundlicher Genehmigung von „Der Patriot“.

Anwohner der Hospitalstraße protestieren gegen Neubau des Flüchtlingsheims

LIPPSTADTBei Einbruch der Dunkelheit lässt Siegrid Brandis die elektrischen Jalousien herunter. Sie und ihr Mann gehen danach nicht mehr aus dem Haus. Nachts, sagen sie, könnten sie kaum noch schlafen. „Man hört immer mit einem Ohr hin“. Was draußen vor dem Wohnheim der Asylbewerber auf der Hospitalstraße geschieht.

„Das ist ein Übergangswohnheim, das kommt weg“, habe es damals von Seiten der Bank geheißen. 1983 kaufte das Paar das Haus auf der anderen Straßenseite unter dieser Voraussetzung. 31 Jahre später steht es immer noch da, die Probleme sind unverändert. Nur eines hat sich getan: die Stadt will neu bauen. Wieder für die männlichen Asylbewerber, die schon jetzt dort leben. Das rüttelte nicht nur Brandis, sondern die ganze Straße auf.

„Das Maß ist voll“, sind sich die vier Anwohnerinnen einig, die sich jetzt regelmäßig treffen. 25 Unterschriften sammelten sie bereits aus den umliegenden haushalten.

Denn die Lebensqualität sei verschwunden, erzählen die Frauen. Eingeschlagene Fenster, Lärm bis tief in die Nacht, gestohlene Gegenstände, Einbrüche und Beschimpfungen habe es gegeben. Und Rauschgifthandel. Fast jeden tag, erzählt Brandis, sehe sie jugendliche Schüler mit Rucksäcken vor dem heim stehen. Erst klingeln sie mit dem Handy an. Dann gehen sie hinein. „Stoff holen“, ist sie sicher.

„Ich sage immer, ich wohne hinter’m Krankenhaus“, erzählt Helga Grunwald. Als Bewohnerin der Hospitalstraße würde sie abgestempelt. Als Asoziale. „Das tut richtig weh. Ich bin hier geboren“, sagt die 72-Jährige. In dem Alter will sie nicht mehr wegziehen. So ginge es vielen. Anne Schmidt betrieb jahrzehntelang eine Autolackiererei mit ihrem Mann, direkt neben dem Wohnheim. Nie habe sie sich getraut, etwas gegen ihre Nachbarn zu sagen. „Dann hätte es geheißen: ‚der Schmidt, der ist ein Nazi. Da gehen wir nicht hin'“. Auch Brandis fürchtete um ihre Stelle. Bis Anfang Februar arbeitete sie bei der Bundeswehr, hatte einen Eid geschworen. Jetzt ist sie in Rente und betont „Das Wohnheim muss weg!“

Die Asylanten, stellen die Damen klar, könnten nichts dafür. „Die stehen ja auch alleine da“. Nur ein völlig überforderter Hausmeister sei anwesend. „Die brauchen Betreuung rund um die Uhr, Sprachkurse, Sozialarbeiter“, zählt Brandis auf. „Die Verantwortlichen entziehen sich der Verantwortung!“. Die einzigen, die ständig kämen, seien Polizei und Feuerwehr. Aber bis dahin wären die Rauschgifthändler längst ausgeflogen.

Vor 14 Jahren, erinnern sich die Damen, habe es mal eine Besichtigung des Wohnheims für die Anwohner aus der Hospitalstraße mit Vertretern der Stadt gegeben. Allerdings hätten die Frauen da nur das Hausmeisterbüro gesehen. „In das Heim selbst wurden wir nicht reingelassen“. Mit der Angst im Rücken und der Hoffnung, dass das Gebäude abgerissen werde, habe man untätig ausgeharrt. Anfang Februar dann die Nachricht über den geplanten Neubau. „Nach dem Motto: Die haben sich ja schon damit arrangiert“, entrüstet sich Brandis. „Aber es geht nicht mehr, Hier wachsen kleine Kinder auf. Es muss mehr Sicherheit geben“. Mit der Untätigkeit ist es jetzt vorbei. Gemeinsam wollen die Frauen kämpfen   -bib