Die AfD und der Rassismus

Neorassismus richtet sich vorwiegend gegen Muslime

Neorassismus ist eine „moderne“ Spielart des Rassismus, die behauptet, es gebe etnische und kulturelle Voraussetzungen, von denen ein Mensch sich nicht lösen könne. Aus diesem Grund passten insbesondere Muslim*innen angeblich nicht nach Europa und sollten ausgeschlossen werden. Die AfD spitzt diese rassistische Haltung in ihrem Wahlprogramm zu, indem sie geregelte Zuwanderung für „ethisch nicht zu verantworten“ erklärt. Diese Ideologie steht im Widerspruch zu den humanistischen und demokratischen Werten des deutschen Grundgesetzes. (zitiert aus: Demokratie in Gefahr, Amadeu-Antonio-Stiftung, S. 11)

Mirko Fischer (AfD-Soest) und die Religionsfreiheit

Mirko Fischer, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Kreistag Soest und stellvertr. Sprecher des Kreisverbands Soest spricht in einem seiner Facebook-Posts von Muslimen als „entarteter Menschenmüll“ (zitiert aus: Der Patriot, 31.08.2021, dem nach eigenen Angaben ein Screenshot des inzwischen bearbeiteten Posts vorliegt).

Die Aussage dahinter: Menschen, die muslimischen Glaubens sind, seien degeneriert und minderwertig, Müll eben.

Faktenlage: Der Begriff der „Entartung“ (lateinisches Pendant: „Degeneration“) wurde im 18. Jahrhundert populär, um Abweichungen von der Norm im Sinne von Minderwertigkeit bei physischen und psychischen Krankheiten zu definieren. Mit Darwins Theorie des „Überlebens des Stärkeren“ wurde die Begrifflichkeit in die Eugenik übernommen (Behinderung als literarisches Motiv in Theatertexten, S.132-140) die die Entwicklung der Gesellschaft von der Gesamtheit der in ihr vertretenen Erbanlagen bestimmt wird (wissen.de). Daraus entstand die „Rassenhygiene“ und die Überhöhung der angeblich „arischen Rasse“. So lieferte die Eugenik schließlich auch die Begründung für die Tötung „unwerten Lebens“ und die Ausrottung „rassisch Minderwertiger“ (Euthanasie). Damals betraf es Juden, heute bei der AfD sind muslimische Mitbürger*innen die Zielscheibe. (wissen.de)

Kommentar des Netzwerks: Es gibt den einen Islam genauso wenig wie das eine Christentum. So einfältige, pauschalisierende Aussagen haben allein zum Ziel, Ängste und Hass zu sähen. Es gibt auch eine andere, progressive Seite des Islam, wie z.B. die Ibn-Rushd-Goethe Moschee, die bei der AfD natürlich keine Erwähnung findet. Aber auch die vielen Nachfahren der türkischen Gastarbeiter, deutsche Mitbürger*innen muslimischen Glaubens, sind in der deutschen Gesellschaft vollständig integriert, stehen in gleichem Maße zur Demokratie in Deutschland wie die autochtonen Deutschen (Zukunftsforum Politik, Muslime in der deutschen Gesellschaft …, S.8). Sie zeigen mit den ebenfalls vielen multiethnischen und -kulturellen Muslimen und den Muslimen ohne Migrationshintergrund ganz praktisch Tag für Tag, dass Demokratie, Menschenrechte und Muslim-sein durchaus zusammen gehen kann (Tagesspiegel online 27.09.2020).

Gauland und der Fall Jérôme Boateng

Alexander Gauland, MdB, Ex-Fraktionsvorsitzender, Ex-Bundessprecher, Ehrenvorsitzender und damit einflussreiche Person in der AfD schwadroniert über den Fußballspieler Boateng:  „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Gauland weiter: unter den AfD-Anhängern gebe es die Sorge, „dass eine uns fremde Religion sehr viel prägender ist als unsere abendländische Tradition“. Und diese große Zahl der Fremden komme nun einmal aus Regionen, in denen vor allem Muslime lebten (FAZ, 29.05.2016).

Die Aussage dahinterwer ein Schwarzer kann nicht deutsch sein und ist grundsätzlich muslimischen Glaubens – Rassismus pur ! 

Die Faktenlage: Jérôme Boateng wurde in Berlin geboren, hat eine deutsche Mutter und ist gläubiger Christ.

An anderer Stelle sagte Gauland dem Spiegel: „Eine deutsche oder eine englische Fußballnationalmannschaft sind schon lange nicht mehr deutsch oder englisch im klassischen Sinne“, (Spiegel-online, 03.06.16).

Die Aussage dahinter: eine deutsche Person mit Migrationshintergrund ist nicht wirklich deutsch. Das ist völkisch-nationalsozialistisches Gedankengut in Reinform – deutsch ist man demnach für die AfD nur der  Blutlinie nach. Das ist gedanklich schon gefährlich nah am Arier-Nachweis der Nazis !

Die Faktenlage: Durch Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil Deutscher ist; zudem ist ein im Inland nach dem 1. Januar 2000 geborenes Kind, dessen Eltern beide Ausländer sind, Deutscher, wenn ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt seit acht Jahren seinen gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Wer seit acht Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebt, hat unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Einbürgerung. Eine deutsche Staatsangehörigkeit zweiter Klasse gibt es nicht – Deutscher ist man immer mit allen Rechten und Pflichten.

Tino Chrupalla und der Fall George Floyd

Chrupalla ist einer der beiden Parteivorsitzenden der AfD. Er twitterte am 02.06.2020: „Die Ereignisse in den USA zeigen erneut, in welcher Sackgasse multikulturelle Einwanderungsländer enden. Gewalt, Tote, bis an die Zähne bewaffnete Sicherheitskräfte. …“ (Sächsische Zeitung online, 04.06.2020).

Die Aussage dahinter: die schwarzen US-Amerikaner sind aus kulturfremdem Raum zugewandert und das sei die Ursache für die rassistischen Probleme in den USA, die sich immer wieder in Gewalt entladen.

Die Faktenlage:

  • Die Verschleppung von Hunderttausenden von Sklaven kann nicht mit einer geregelten Einwanderung in Europa verglichen werden, das ist Geschichtsklitterei.
  • Zudem wurde die Sklaverei Mitte des 19. Jahrhunderts beendet – die Nachfahren der Sklaven leben also bereits seit zwei Jahrhunderten und mehr in den Vereinigten Staaten, sind also normale US-Bürger (sonst wäre Donald Trump auch noch ein Deutscher – Gott bewahre !).
  • klassische Opfer-Täter-Umkehr: George Floyd wurde Gewalt von Weißen angetan, nicht umgekehrt
  • Zur Erinnerung: ab der Mayflower sind weiße Europäer seit dem 17. Jahrhundert in die heutige USA eingewandert, wenn sich Jemand über eine „Umvolkung“ und „Zerstörung seiner Kultur“ beschweren darf, dann sind das die später von den Weißen Einwanderern in Reservate gesperrten Native Americans.

Kommentar des Netzwerks: Schwarzen US-Bürgern heute noch den Nimbus einer fremden Kultur anzudichten, ist dicht bei Gaulands völkisch-nationalsozialistischem Gedankengut zu verorten; eigentlich ist es sogar noch schlimmer: der Arierparagraph der Nazis verlangte Auskunft bis in die Großeltern-Generation, Schwarze Amerikaner als „zugewandert“ zu diskriminieren reicht noch Generationen weiter zurück.

Alice Weidel und die Kopftuchmädchen

Alice Weidel ist Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion der AfD, setllvertretende Bundessprecherin und Spitzenkandidatin für die Bundestagswahlen 2021.

„Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“ Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble rügte Weidel: „Sie haben unter anderem die Formulierung Kopftuchmädchen und sonstige Taugenichtse gebraucht. Damit diskriminieren Sie alle Frauen, die ein Kopftuch tragen. Dafür rufe ich Sie zur Ordnung.“ (Plenarprotokoll des Deutschen Bundestags 19/32, 16.05.2018)

Die Aussage dahinter: Ausländer*innen sind grundsätzlich kriminell und Taugenichtse, die den Deutschen nur auf der Tasche liegen und in unserem Sozialstaat schmarotzen, statt etwas für ihn zu leisten.

Faktenlage: völlig falsche und verdrehte Wahrnehmung, die auch noch rassistisch daher kommt, da sie mit „Burkas und Kopftuchmädchen“ insbesondere an muslimische Zuwanderer adressiert. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) belegt, dass Ausländer den Sozialstaat entlasten, das
heißt, sie tragen mehr zu den öffentlichen Haushalten bei, als sie von diesen in Form von Transferleistungen empfangen (Bertelsmann-Stiftung, Der Beitrag von Ausländern … zum deutschen Staatshaushalt). Zu einem ähnlichen Urteil kommt eine Analyse, bei der für alle europäischen Staaten statistisch der Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft und Ausländerquote analysiert wurde. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass durch mehr Ausländer keine negativen ökonomischen Auswirkungen zu befürchten sind (Katapult, Magazin für Kartografik und Sozialwissenschaft, 05.02.2016).

Petr Bystom und die Suidlanders

Petr Bystrom ist Mitglied des Deutschen Bundestags und wird vom Bayrischen Verfassungsschutz gerichtlich bestätigt wegen Verdachts auf verfassungsfeindliche Bestrebungen beobachtet.

Bystrom hat eine vom Deutschen Bundestag bezahlte Dienstreise nach Südafrika dazu genutzt, ein Schießtraining mit der paramilitärischen Gruppe der Suidlanders zu unternehmen, die sich auf eine angeblich kommende gewaltsame Revolution vorbereiten (Spiegel online, 21.12.2018). Die Suidlanders sind völkisch-rassistisch – sie nehmen keine Nicht-Weißen Mitglieder auf und unterhalten Kontakte zum ehemaligen Ku-Klux-Klan-Chef David Duke, der die rassistische Ideologie der Überlegenheit weißer über schwarze Menschen vertritt und den Holocaust leugnet (Wikipedia).

Die Aussage dahinter: Der Besuch eines Bundestagsabgeordneten wertet die rassistische Gruppe im Kampf gegen die „minderwertigen Schwarzen“ auf; gleichzeitig solidarisiert sich die AfD, vertreten durch Herrn Bystrom, dessen Reise ja offiziellen Charakter hatte, mit dieser Idee.

Die Faktenlage: Die Biologie spricht heute nicht mehr von der Rasse, sondern von der Art, eingeteilt in Unterarten. Der evolutionsbiologischen Forschung zufolge sind die Kriterien zur Klassifizierung von Unterarten bei der Art des homo sapiens obsolet (spektrum.de). „Im menschlichen Erbgut gibt es 3,2 Milliarden Basenpaare – aber bei keinem einzigen Basenpaar gibt es einen einzigen fixierten Unterschied, der zum Beispiel Afrikaner von Nichtafrikanern trennt. Es gibt also nicht nur kein einziges Gen, das solche angeblichen „rassischen“ Unterschiede begründet, sondern noch nicht mal ein einziges Basenpaar“ (zitiert nach Quarks.de, 15.06.2020). Im Übrigen redet die englische Sprache deutlich präziser von der Menschheit als einer Rasse (the human race) und bei Hunden z.B. von „breeds“ = Züchtungen und nicht von Hunderassen!