Portrait Maximilian Krah

Maximilian Krah – ein Portrait

AfD-Spitzenkandidat für das Europaparlament redet in Lippstadt

Auf Einladung der AfD Lippstadts spricht der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl 2024, Maximilian Krah, am Bernhardbrunnen zur von der AfD geforderten „Umkehr in der europäischen Migrationspolitik“.

Damit zeigt die AfD Lippstadts, wo sie politisch innerhalb der AfD zu verorten ist – nämlich ganz rechts außen!

Maximilian Krah wird dem offiziell aufgelösten „Flügel“ von Björn Höcke zugeordnet und das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft Äußerungen von ihm als völkisch-nationalistisch, islam-, fremden- und verfassungsfeindlich ein.1

Krah beschäftigte zumindest 2019 mit Herrn Guillaume Pradoura einen Rechtsextremisten der französischen Identitären Bewegung.2 Pradoura war selbst Marine Le Pen zu radikal und wurde aus dem „Rassemblement National RN (vormals „Front National“)“ ausgeschlossen, weil er sich zu Karneval als Karikatur eines orthodoxen Juden verkleidet hatte.

Im letzten farnzösischen Wahlkampf unterstützte Krah die Nichte von Marine Le Pen, die der Partei des Rechtsextremisten Eric Zemmour (Reconquete), einem wegen rassistischer Diskriminierung rechtskräftig verurteilten französischen Politiker3, angehört. Dafür wurde Krah von seiner eigenen Europafraktion für 6 Monate suspendiert, wegen „Verletzung von Treuepflichten“, da Marine Le Pens RN zur Europafraktion gehört, ihre Nichte politische Konkurrenz ist.4

Krah scheut sich auch nicht, beim rechtsextremistischen Institut für Staatspolitik IfS aufzutreten5. Als es um die gemeinsame Ablehnung der LGBTQ-Community ging, sagte Krah – angeblich als Witz – in einem Podcast des Chefideologen des IfS, Götz Kubitschek: „Das Lustigste, was ich beim Pride Month erlebt habe, war 2021 – da hatte die US-Botschaft in Kabul ganz stolz den Pride Month ausgerufen. Es dauerte keine drei Wochen, bis die Taliban in Kabul eingerückt sind. Ich glaub, dass das die einzig richtige Antwort auf den Pride Month gewesen ist.“6

Krah veröffentlichte sein Buch „Politik von rechts; ein Manifest“ im Antaios-Verlag7 des Salonfaschisten8 Götz Kubitschek; ein Manifest, das sogar der Parteifreund und Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter als ausdrücklich „anti-rechtsstaatlich, anti-völkerrechtlich, anti-ethisch“ bezeichnet9.

In einem Beitrag im Deutschland-Kurier am 02.10.2018 rechtfertigt Krah den Begriff „Umvolkung“ als Bezeichnung für den angeblich von der Regierung Merkel vorangetriebenen Bevölkerungsaustausch. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ordnet in seinem Bericht 2019 die dargestellte Verwendung des Terminus der Umvolkung als völkisch und gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und gegen die Menschenwürde verstoßend ein.1

Ebenfalls im Deutschland-Kurier am 19.07.2018 schrieb Krah: „Die aktuelle Masseneinwanderung ist kein ‚moralischer Imperativ‘ (A. Merkel), um armen Verfolgten zu helfen. Sie ist Umsetzung der Wahnidee, Europa ‚bunt‘ machen zu müssen und dazu die europäischen Völker in eine Mischbevölkerung zu verwandeln. Nur dass sich die Einwanderer nicht an diese Idee halten; sie wollen nicht Teil einer degenerierten, bunten und ‚vielfältigen‘ Bevölkerung sein, sondern kommen als Kolonisatoren.“ Das wurde vom Verfassungsschutz als fremdenfeindlich in den Verfassungsschutzbericht 2019 aufgenommen.1

Der Verfassungsschutz stellt ebenso fest, dass Krah zu den Unterstützern der vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ und „verfassungsfeindlich“ eingestuften Initiative „Ein Prozent“ zählt.1

Wie Krah zu unserem Grundgesetz steht, wird auch in einem Vortag deutlich, den er am 30.01.2019 beim IfS5 hielt. Dort behauptete er, dass es neben dem deutschen „Staatsvolk“ (die Bevölkerung Deutschlands nach dem Grundgesetz) auch ein deutsches „ethnisches Volk“10 gebe, welches sich durch die Zugehörigkeit zu einer seit Generationen bestehenden gemeinsamen Kultur definiere. Dieses „ethnische Volk“ habe als wahrer Souverän das Recht, sich neu zu verfassen. Mit dieser auf der Nazi-Ideologie des Ariertums basierenden Definition des „ethnischen deutschen Volkes“11 erklärt Krah also, dass diese Gruppe das Recht habe, das Grundgesetz außer Kraft zu setzen. Der Jurist Peter Nagel stellt dazu fest: „Nach Ansicht der AfD steht der ethnische Deutsche also über dem deutschen Staatsbürger des Grundgesetzes. Er kann ihn entrechten.“11

Ganz offensichtlich korreliert der Begriff des „ethnischen Volkes“ mit der Definition des „Biodeutschen“ des ehemaligen vorpommerschen AfD-Landtagsabgeordneten Ralph Weber12: „nicht weniger als zwei deutsche Eltern und vier deutsche Großeltern“13 Die Analogie zum kleinen Arierparagrafen der Nazis ist frappierend und erschreckend.

Krah scheut auch vor offensichtlichen Lügen nicht zurück. Er behauptet, dass 2018 bis Sept. in Chemnitz 60 Frauen vergewaltigt wurden, „… die Polizei sagt, 56 von Migranten, 4 von Unbekannt“.14

Die Polizei Sachsen antwortet auf X (vorm. Twitter): „Diese Zahlen stimmen so nicht. Nach derzeitigem Stand gab es in Chemnitz im Zeitraum vom 01.01.-31.07.2018 insgesamt 14 Vergewaltigungen, davon wurden 12 Tatverdächtige ermittelt, 3 von ihnen waren nichtdeutscher Herkunft. Die Zahlen von Maximilian Krah können wir nicht nachvollziehen“.15

Das ist der Redner, den Patrick Rehm und Co. eingeladen haben, um über eine Kehrtwende in der Migrationspolitik zu sprechen. Damit wird entlarvt, dass es sich bei den Lippstädter AfDlern eben nicht um harmlose, nur rechtskonservative, mit der Politik der Altparteien unzufriedene Menschen handelt, sondern zumindest dem Rechtsextremismus offen gegenüberstehende Personen, denn sie laden Krah ja als Experten ein, als Spitzenkandidat für die Europawahl 2024 ihrer eigenen Partei und verwenden mit dem Begriff „Invasion“ auf ihrer Einladung für die Kundgebung gleich einen noch verfassungswidrigen Vergleich: „Führende Vertreter der Partei bedienen sich einer dämonisierenden Wortwahl, indem sie Migranten z.B. als „Invasoren“, „Eindringlinge“ oder „kulturfremde Versorgungsmigranten“ diffamieren oder deutsche Staatsbürger als „Passdeutsche“ bezeichnen. Eine solche Abwertung von Menschengruppen aufgrund ihrer ethnischen oder religiösen Identität verstößt gegen das Prinzip der Menschenwürde nach Art,1 Abs.1 des Grundgesetzes.16

Auch vor dem Europaparlament stehend redet Krah verfassungsfeindlich über Migration: „Jeder ist da am besten wo er hingehört. Einwanderung funktioniert nicht. Niemand ersetzt fehlende Kinder eines Volkes. Dieses Volk stirbt aus. Wir wollen nicht aussterben, also brauchen wir keine Einwanderung, sondern Kinder. Denn Einwanderung ist multi-kulti und multikulturell ist multikriminell“.17

Hier werden einerseits andere Kulturen als grundsätzlich kriminell dargestellt und andererseits Einwanderern unterstellt, sich nicht integrieren zu können und Menschen mit Migrationshintergrund, auch wenn er Generationen zurückliegt, nicht zum deutschen Volk zugehörig, betrachtet, ungeachtet eines deutschen Passes. Das erinnert unheimlich an die nationalsozialistische „Blut-und-Boden-Ideologie“18, welche die Einheit eines ethnisch definierten Volkskörpers mit seinem Siedlungsgebiet postuliert. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass Krah sich in seinem weiter oben erwähnten Buch auf Carl Schmitt, den NS-Kronjuristen Hitlers19 bezieht, der die antisemitischen Nürnberger Gesetze als „Verfassung der Freiheit“ feierte, macht die Richtung in die Krah marschiert nur noch deutlicher.

Und genauso geht Krah in Europa vor: „Das Europa, das uns vorschwebt: Das sind die Germanen, die Romanen und die Slawen, die nicht von Konstantinopel aus christianisiert wurden“ (Krah in einem Gespräch mit Björn Höcke im Februar 2023).20 Auch hier definiert Krah Europa über Völker und nicht über Staaten, das entspricht dem völkischen Denken der Nationalsozialisten. Staaten wie Griechenland, Bulgarien (beide orthodox) und Ungarn (finnisch-ugrisch, nicht slawisch) gehören folglich nicht zu Europa, Juden, Sinti und Roma werden als Völker ausgegrenzt – das hatten wir vor knapp einhundert Jahren schon einmal.

Damals haben die demokratischen Kräfte in der Politik versucht, die NSDAP durch Einbindung zu bändigen – das Ergebnis kennen wir. Es ist höchste Zeit, dass sich die demokratischen Parteien in Lippstadt eindeutig positionieren und ihren Abscheu kundtun, und sich deutlich gegen jedwede Akzeptanz der AfD öffentlich aussprechen angesichts der Einladung dieses menschenverachtenden AfD-Spitzenpolitikers.

Auf dem AfD-Parteitag in Magdeburg sagte Krah in seiner Vorstellungsrede zur Wahl des Spitzenkandidaten für das Europa-Parlament: „Ist es nicht an der Zeit, den Dreckwerfern endlich einmal die Rote Karte zu zeigen?“21 – Er meinte damit seine innerparteilichen Gegenspieler. Wir meinen, der Dreckwerfer ist er – ihm gebührt die Rote Karte!

Stehen wir an der Seite der vielen gut integrierten Menschen mit Migrationsgeschichte. Sie tragen unseren Staat und unsere Gesellschaft entscheidend mit, sie haben unsere Solidarität verdient, sie haben es verdient als das angesehen zu werden, was sie sind: Gleiche unter Gleichen – Deutsche mit allen Rechten und Pflichten – ohne wenn und aber!

 

 

 

1    Verfassungsschutzbericht 15.01.2019, zitiert nach Sekundärquelle netzpolitik.org, die den Verfassungschutzbericht online gestellt hat.

2    Belltower News: „Maximilian Krah stellt französischen antisemitischen IB-Mitbegründer ein“, Melitta Mangare 31.07.2019 (IB = Identitäre Bewegung)

3    Agence France Press: „“Noirs et Arabes“: pour la justice, Eric Zemmour a franchi la ligne jaune“, Dorothée Moisan, 18.02.2011

4    Zeit online: „Akte des Wahnsinns“, Tilmann Steffen, 09.02.2023

5    IfS = Institut für Staatspolitik, vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft

6    taz: „AfD-Parteitag in Magdeburg – rechts, radikal, unbeliebt“

7    Antaios-Verlag – laut Verfassungsschutzbericht ein rechtsextremistischer Verdachtsfall

8    Correctiv.org: „Neue Rechte – Salonfaschisten im Rittergut“, Camilla Kohrs 29.12.2016 – CORRECTIV ist ein gemeinwohlortientiertes Medienhaus, das Demokratie stärkt. Als vielfach ausgezeichnete Redaktion steht es für investigativen Journalismus.

9    Süddeutsche Zeitung: „Abriss mit Ansage“, Roland Preuß, 29.07.2023

10  Stichwort Ethnopluralismus – ein Weltbild, deren Vertreter eine kulturelle Homogenität von Staaten und Gesellschaften nach Ethnien anstreben.

11  Volksverpetzer: „AfD gesteht Verfassungswidrigkeit“, Thomas Laschyk, 01.02.2019 – Volksverpetzer ist ein überparteiliches Faktencheck-Portal von jungen Menschen, das sich auf Entlarvung von Hass, Hetze, Fake News und Verschwörungsmythen in den Social Media spezialisiert hat. Der Name ist Programm: man möchte Volksverhetzer verpetzen.

12  Ralph Weber wurde wegen seiner Definition des „Biodeutschen“ vom Landesvorstand der AfD und von der Landtagsfraktion der AfD abgemahnt, blieb jedoch Fraktionsvize. Am 01.11.2021 trat Weber aus der AfD aus, kam damit einem Parteiausschlussverfahren zuvor (wegen Beleidigung von Parteikollegen, nicht wegen seiner Definition des „Biodeutschen“) und lehrt nun wieder Rechtswissenschaften an der Uni Greifswald.

13  Nordkurier: „AfD-Rechtsprofessor fordert arische Leitkultur“, 25.04.2017, Carsten Korfmacher

14  Deutschland-Kurier: „Jetzt sind wir alle Chemnitzer“, Maximilian Krah, 04.09.2018, zitiert nach Sekundärquelle Volksverpetzer: „So frech lügt die AfD über Kriminalität in Chemnitz“, Thomas Laschyk, 05.09.2018

15  Twitter @PolizeiSachsen, 05.09.2018, 12:29 nachm. – zitiert nach Sekundärquelle Volksverpetzer: „So frech lügt die AfD über Kriminalität in Chemnitz“, Thomas Laschyk, 05.09.2018

16  Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt, 18.11.2023, zitiert nach: Maischberger, Sendung vom 22.11.2023, ARD

17  Maximilian Krah, Statement am 02.07.2023 vor dem Europaparlament, zitiert nach: Maischberger, Sendung vom 22.11.2023, ARD, O-Ton und Wiedergabe eines YouTube-Videos

18  Verfassungsschutz Bayern online-Portal: Ideologien -Rechtsextremismus – Nationalismus

19  Süddeutsche Zeitung: „Jurist Carl Schmitt: Philosoph, Provokateur, Verräter des Rechts“, Rolf Lamprecht, 12.03.2019

20  Stern: „Maximilian Krah: Wie denkt der Mann, der für die AfD die EU zerstören soll?“, Mascha Malburg, 01.08.2023

21  TAZ: „AfD wählt Krah zum EU-Spitzenkandidaten. Radikaler geht immer“