Lebensunwert: Paul Brune

Lebensunwert: Paul Brune

Das Lippstädter Netzwerk für Frieden und Solidarität weist gerne auf die Veranstaltung des Kulturraum Synagoge Lippstadt hin:

Samstag, 16.03.2024  |  19.30 Uhr  |  Stiftstr. 3, Veranstaltungsraum der M+S Music School

„Lebensunwert: Paul Brune“

Film und Graphic Novel über eine Lippstädter Geschichte

Aus der Ankündigung von der Webseite des Kulturraum Synagoge Lippstadt:

Zu Gast bei unserer Veranstaltung ist der Filmemacher Robert Krieg.

„Lebensunwert. Paul Brune – NS-Psychiatrie und ihre Folgen“ (2005, 45 Min.) ist der Titel eines Filmportraits von Monika Nolte und Robert Krieg.

Paul Brune (1935-2015) wurde als Kind einer außerehelichen Beziehung in Altengeseke geboren. Danach misshandelte der Ehemann die Mutter so schwer, dass sie versuchte, sich und ihre drei Kinder in einem Dorfteich zu ertränken, wobei eines der Kinder starb. Sie wurde mit den Diagnosen „Schizophrenie“ und „Epilepsie“ in die westfälische Anstalt Eickelborn eingewiesen, und die Kinder kamen in Heime.

Im zweiten Lebensjahr wurde Brune in das katholische Waisenhaus Lippstadt gebracht, das von Vinzentinerinnen nach strengsten, ja unmenschlichen Regeln geführt wurde. Seine Schulzeit verbrachte er in der Horst-Wessel-Schule (heute Nikolaischule) in Lippstadt. Dort erfuhr der Schulrektor Josef Sasse, ein überzeugter Faschist und Anhänger der „Rassenhygiene”, von der Vorgeschichte Paul Brunes und stellte einen Antrag auf Erfassung und Begutachtung beim Gesundheitsamt. Auf sein Betreiben wurd Paul mit 8 Jahren in die „Kinderfachabteilung“ der Heilanstalt Dortmund-Aplerbeck verlegt. Dort entging nach einem ärztlichen Gutachten, das ihm eine vollkommen altersgerechte Entwicklung bescheinigte, nur knapp der Ermordung und wurde nach einigen Monaten 1943 in das St. Johannes-Stift in Marsberg verbracht.

Dies sind nur die ersten Stationen eines lebenslangen Martyriums, das mit dem Aufenthalt und dem Gutachten in Lippstadt begann.

Erst 2003, nach 60 Jahren, wurde Paul Brune als Verfolgter des nationalsozialistischen Regimes anerkannt und erhielt mit einer monatlichen Rente von 260,- Euro die höchstmögliche Entschädigung. 2005 präsentierte der Regisseur Robert Krieg seinen vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe unterstützten Film „Lebensunwert“ über das Leben von Paul Brune. 2007 veröffentlichte Paul Brune seine Autobiographie gemeinsam mit dem NS-Sterilisationsopfer Paul Wulf in dem Buch „Lebensunwert? Paul Wulf und Paul Brune. NS-Psychiatrie, Zwangssterilisierung und Widerstand“.

Nach Paul Brunes Geschichte erschien auch die Graphic Novel mit dem Titel … und über uns kein Himmel von Robert Krieg und Daniel Daemgen, die an diesem Abend ebenfalls vorgestellt wird.

Unseres Wissens ist die Geschichte von Paul Brune in Lippstadt nie gewürdigt worden. Das Kinderheim wurde 1971 abgerissen, an dieser Stelle befindet sich heute der Parkplatz des Dreifaltigkeitshospitals.

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Die DVD „Lebensunwert“ und weitere DVDs aus der Zeitgeschichte unserer Heimatregion können beim LWL Westfalen Medien Shop erworben werden.

Aus dem Begleitheft zur DVD lesen Sie hier.

Im „Biografischen Archiv der Psychiatrie“ ist ein Lebenslauf von Paul Brune mit ausführlichem Quellenverzeichnis abgedruckt.

Der Weg des Paul Brune ist zudem auf der sehr informativen Webseite „Lernzeit.de – die Plattform für Wissen“ anschaulich geschildert.

Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte am 13.01.2003 den Artikel „Ein Opfer der Aktion Gnadentod: der Fall Paul Brune„.

Ein Auszug aus „Der Patriot“ vom 14.07.1951 zum ev. und kath. Kinderheim in Lippstadt.

Ein Auszug aus „Der Patriot“ vom 12.11.1971 zur Auflösung des Kinderheims St. Josef.